Ein Brief von Sebastian Sutter an seinen Sohn Ulrich, 1942 (88jährig)
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Versam, 7.12.42
Lieber Sohn
Dein wertes Schreiben vom 19. v. M. ist wohl noch zu beantworten, ob ich Stoff für 4 Seiten, wie Du das letzte Mal ist fraglich.
Vorerst danke ich freundlich für die lieben Nachrichten. Ich hoffe, die lieben Urenkel seien wieder zweg und Ihr alle auch wohl. Habt Ihr das Klausfest gefeiert ? In Zürich werden Elsi und ihr Söhnchen auch gesund sein, die dortige Grossmutter wird am kleinen Erich sicher Freude haben.
Wir haben seit dem 17. Nov. etwas Schnee und dazu manchen heiteren Tag, aber sehr kalt, bis 10 Grad minus. Seit gestern regnet es hie und da etwas und der Schnee schmilzt bei 2 Grad Wärme. Ob er noch ganz verschwindet wird sich bald zeigen.
Für das Jahrbuch danke ich auch. Ich habe vom Gallatibericht einen Auszug gemacht. Sein ...... Lebensschicksal war wirklich ein düsteres. Wie spricht man im Unterland Gallati, d.h. mit der Betonung auf dem 1. oder dem 2.? Das Buch folgt zurück. Ich habe auch mehrere Aufsätze über Besteigungen gelesen, besonders von mir bekannten Bergen wie Ringel und Piz Sol. Auf beiden war ich einmal, aber nicht wie der Bergführer in Flims, der 30x die Ringelspitze bezwang und dann ins Fremdenbuch schrieb: Ringel, du bist ein Schlingel, viel tausend Jahre alt, ich nur 70. Leb wohl zum letzten Mal. Hast Du den Jahrgang aus Deiner Bibliothek erhalten?
Betreff der Orgel hätte ich etwa 50 Fr. in Gold erhalten und dazu eine Müllersche Akkordzither, fast gleich wie die meinige Miranda, dessen ungeachtet habe ich, auch in Erwägung Deiner Antwort, die nicht unerwünscht kam, die Veräusserung verneint. Was gut ist.
Sonst ist wenig zu notieren, die Militärs sind weg. Die eidg. Post - Pferdepost - fährt heuer zum ersten Mal zweispännig nach Safien mit schönen Schlitten.
Die stark aufgetretene Gelbsucht hat sozusagen aufgehört. Hans Buchli, Sohn des Johannes im grossen Haus hier, hat letzte Woche, nach langer Verlobungszeit mit Nina Buchli, Tochter des Lehrers Jakob Buchli, am Plauns Hochzeit gemacht, und meine Nachbarin, Frau Peter (?) hat vor einem Tag einen gesunden Knaben geboren, somit hat die Pfarrersfamilie 6 Kinder, 5 Buben und 1 Mädchen. Was für Gedanken machst Du Dir über den Krieg ? Doch genug des Geplauders. Gelegenheit werde ich eine Antwort gerne lesen. Für heute herzliche Grüsse an Dich und die lieben Deinigen von uns hier.
S. Sutter
1995 aus der Kurrentschrift übertragen von Erich Sutter, Pfaffhausen